Freie, offene Funknetze im deutschsprachigen Raum

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Deutschland

Marktentwicklung und infrastrukturelle Voraussetzungen

Eigentlich gäbe es in der BRD ja beste infrastrukturelle Voraussetzungen für das Blühen und Gedeihen freier Netze. 34 % der deutschen Haushalte hatten 2002 einen Computer, 71 % der Bürger benutzten ein Mobiltelefon (*). Beide Werte liegen im Vergleich zu anderen hochindustrialisierten Staaten im Mittelfeld. Bezüglich der Internet-Verbreitung in Haushalten befand sich Deutschland im Jahr 2002 auf Rang 9 innerhalb der EU, hinter Dänemark, Niederlande, Schweden, Luxemburg, Finnland, Österreich, Irland, und dem Vereinigten Königreich. Hinsichtlich Breitband-Internet mittels DSL, Kabel oder Satellit nimmt Deutschland mit 10 % den 6. Platz in Europa ein, hinter Schweden, Belgien, Dänemark, Niederlande und Österreich. Weltweit liegt Deutschland auf Platz 4 bei der DSL-Penetration mit 39 DSL-Anschlüssen je 1000 Einwohner, hinter Südkorea, Dänemark und Schweden. Spitzenreiter Südkorea zählt allerdings erstaunliche 118 DSL-Nutzer pro 1000 Einwohnern. Nur 0,2 % der Deutschen benutzen Kabelmodems für einen schnellen Internetzugang.

Sieht man allerdings etwas tiefer ins Zahlenwerk, so zeigt sich ein weniger rosiges Bild. Die hohen Werte bei der DSL-Penetration stehen in direktem Zusammenhang mit der weiterhin bestehenden Dominanz der DTAG im deutschen Telekommunikationsmarkt, die ihre T-DSL genannten Produkte stark promotet hat. Laut der EuroISPA, der europäischen Vereinigung der Internet Service Provider, hatte der Internet-Arm der ehemaligen Monopolgesellschaft im April 2002 einen Anteil von über 80 % am ADSL-Markt. Das korrespondiert mit der nach wie vor gegebenen Vorherrschaft über die "letzte Meile", das Kabel, das vom nächsten Schaltamt in den Privathaushalt führt. Nur 4,4 % dieser Festnetzanschlüsse gehören den Mitbewerbern der DTAG. Das bedeutet, dass die meisten Mitbewerber die Kabel der DTAG zum Endkunden hin verwenden müssen. Die Liberalisierung des Marktes erlaubt es Mitbewerbern, in den Schaltämtern eigenes Equipment aufzustellen. Doch die viele fungieren als reine "Reseller" (engl. Wiederverkäufer) des T-Online Produkts T-DSL. Sie bezahlen Miete für die Benutzung der Infrastruktur des Ex-Monopols und versehen dieses Produkt mit eigenem Branding (Imagewerbung). Die Gewinnspannen sind dabei hauchdünn und es gibt kaum Möglichkeiten, etwas besser oder anders zu machen als der Marktführer.

(* alle Zahlen in diesem Abschnitt sind, sofern nicht anders angegeben, aus "Monitoring Informationswirtschaft, 6. Faktenbericht - Mai 2003", eine Sekundärstudie von NFO Infratest im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) http://193.202.26.196/bmwi/ )

Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Art von ADSL-Produkten, die angeboten werden. In Großstädten wie Berlin gibt es immerhin noch eine ganze Anzahl an Providern. Das sind neben T-Online u.a. Arcor, Q-DSL, Snafu und Tiscali. Die Preise variieren zwar ein wenig, doch die Grundstrukturen der Angebote ähneln einander. DSL-Angebote zu einem günstigen Flatrate-Tarif bieten meistens Downstream (vom Provider zur Nutzerin) eine Übertragungsrate von 768 kbps an, Upstream (vom Nutzer ins Internet) allerdings nur 128 kbps. Die Möglichkeit, selbst einen Internetserver zu betreiben, sind durch diese Asymmetrie ohnehin schon eingeschränkt. Die Nutzungsbedingungen für ADSL-Produkte der niederen Preisklassen versagen es meist explizit, an einem solchen Anschluss einen eigenen Web-Server oder ein kleines lokales Netz zu betreiben. Wer seinen sogenannten "Breitband-Zugang" also wirklich sinnvoll nutzen will, im Sinne einer echten Zweiwegkommunikation, muss sich nach der Decke strecken und einige Euros mehr für ein Geschäftskunden-Angebot hinblättern. Die Nutzungsbedingungen sind, nebenbei bemerkt, oft überhaupt recht abstrus. T-Online zum Beispiel verordnet T-DSL-Kunden ein Limit von maximal 100 versendeten E-Mails am Tag und von 1000 E-Mails über 30 Tage. Echte Vielnuzter - und wer sich ADSL leistet, hat wahrscheinlich vor, das Internet intensiv zu nutzen - können da recht schnell an die Grenze kommen. Bei vielen Angeboten werden einmal alle 24 Stunden die Verbindungen beendet. Der Nutzer kann die Verbindung dann zwar sofort wieder herstellen, doch der Zweck der Maßnahme ist recht dubios. Das "Server-Verbot" bei den meisten ADSL-Angeboten hatte möglicherweise seine Auswirkungen auf das Faktum, dass die Zahl der Internet-Hosts mit 67,7 pro 1000 Einwohnern in Deutschland im Vergleich zu 105,6 im westeuropäischen Durchschnitt relativ niedrig ist. Die deutschen Internet-Nutzer haben überwiegend immer noch eine Rein-Raus-Mentalität bezüglich ihres Nutzungsverhaltens. Die Nutzung von audiovisuellen Diensten wie Internetradio und -video ist gering. Die vorherrschende Tendenz ist, geplagt von Kostendruck, schnell mal die E-Mail abzuholen oder gezielt nach Informationen zu suchen, die für die berufliche oder private Entwicklung wichtig sind. Ganz entspannt Teil des Internet zu sein, und nicht nur Endnutzer, wird von der Angebotsstruktur scheints nicht unterstützt.

Der Regierungs-Slogan "Internet für alle" wird von der Tatsache unterwandert, dass es Anzeichen einer sich verfestigenden digitalen Kluft (engl. "digital divide") gibt. Während in Ländern wie USA und Kanada inzwischen mehr Frauen als Männer das Internet benutzen, hat sich in der Domain .de der Frauenanteil bei 45 % festgefahren. Die digitale Kluft hat demographische und geografische Aspekte. In der Internet-Nutzung insgesamt - nicht nur bezüglich der Breitband-Nutzung - hinken die neuen Bundesländer hinterher. Aber auch in Berlin und den alten Bundesländern sind sowohl ärmere und weniger gebildete als auch ältere Menschen und hierbei insbesondere Frauen diejenigen, die am wenigsten von den Segnungen des Informationszeitalters profitieren.

Allerdings gibt es eine große Gruppe von Menschen in Deutschland, die nur müde lächeln können, wenn sie von Kritik an vorhandenen ADSL-Anschlüssen hören. Denn diese Menschen werden in näherer Zukunft gar kein ADSL bekommen können, weil sie zu den Opfern des OPAL-Netzes zählen. OPAL steht für "Optische Anschlussleitung". Bei der Erneuerung des ostdeutschen Telefonnetzes Anfang der neunziger Jahre wurde von der Telekom Glasfasertechnologie verwendet. Eigentlich wollte man damit, der Legende nach, Gutes tun, indem man technologische Zwischenschritte übersprang und gleich auf die fortgeschrittenste Netz-Technologie setzte. Die heute weitverbreitete ADSL-Technologie, die zur Verwirklichung kostengünstiger Breitbandanschlüsse eingesetzt wird, funktioniert aber nur über Kupferkabel. Zwei Millionen Anschlüsse in der gesamten BRD, die Mehrzahl davon jedoch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, sind von dem OPAL-Dilemma betroffen. Das bedeutet allerdings nicht, dass es unmöglich ist, Kunden mit Glasfaseranschlüssen breitbandige Internetzugänge zu verkaufen. Denn eigentlich bietet sich Glasfaser ja tatsächlich als das schnellere und modernere Übertragungsmedium an. Es ist auch möglich, Glasfaser mit DSL zu verbinden, allerdings nicht mit ADSL. VDSL (very high-speed digital subscriber line) heißt die Technologie, die ermöglichen würde, am OPAL-Ring hängende Wohnungen mit extrem schnellen Internet-Verbindungen zu versorgen. Wie es allerdings aussieht, ist die Telekom nicht daran interessiert, Privatnutzerinnen in den Genuss der fortgeschrittenen VDSL-Technologie kommen zu lassen. Stattdessen hat man wieder begonnen, Kupferkabel zu verlegen. (siehe Die Glasfaser in ihrem Lauf ... hält DSL im Osten auf, Peter Mühlbauer, Telepolis 12.02.2001 http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4885/1.html )

Die Vorbedingungen für das Entstehen freier Netze sind also günstig in einem doppeldeutigen Sinn: erstens, weil die technologische Basis zweifellos gegeben ist; zweitens, weil ein gewisser Leidensdruck für diejenigen besteht, die eine breitbandige echte Internetanbindung benötigen. Wenn der Markt keine Alternativen bietet, müsste man davon ausgehen, dass die Leute beginnen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Trotz der in diesem Sinne "günstigen" Voraussetzungen war die Situation bislang nicht mit England, USA oder Spanien vergleichbar, wo es in den größeren Städten hunderte offener Hotspots gibt, aber auch viele verstreute Initiativen in kleineren Städten und auf dem Land. Einer von mehreren Gründen könnte sein, dass in Deutschland die Bestimmungen der Regulierungsbehörde bis vor kurzem nicht ganz klar erschienen. Je nach Interpretation der Rechtslage und Art des Projekts wären grundstücksübergreifende Funknetze möglicherweise unter die Lizenzpflicht nach TKG gefallen. Mit dem Inkrafttreten der neuen EU-Richtlinie am 24.Juli 2003 ist diese Unklarheit beseitigt (mehr dazu siehe Kapitel "Regulation in Deutschland). Ein anderes Hindernis könnte auf einer psychologischen Ebene zu finden sein. Funknetzaktivistinnen begegnen immer wieder dieselben Fragen interessierter Neulinge. Sie haben Bedenken, ob man das denn "darf", ob es auch wirklich "erlaubt" sei, ob man ein WLAN "sicher" machen könne und ob nicht die Gefahr bestände, für die Handlungen anderer "verantwortlich" gemacht zu werden. Wie die Erfahrungen mit drahtlosen Bürgernetzen bei Consume in England zeigen, sind diese bislang recht resistent gegen Missbrauch. Die Gründe dafür sind nicht technischer, sondern sozialer Natur. Die Nutzung ist noch kein Massenphänomen und die bisherigen Nutzer scheinen die freie Ressource zu achten, zu respektieren und daher (weitgehend) schonend mit dieser umzugehen.



Hinweise auf Machtverhältnisse und potente Lobbygruppen

U.a. durch Einführen der juristischen Interpretation der Störerhaftung wurden in den vergangenen Jahren Privatbesitzer gedrängt, ihre WLAN Anschlüsse zu verschlüsseln und den ungewollten (nichtzahlenden) Mitnutzern zu entziehen. Angebliche Zielen waren die bessere Nachvollziehbarkeit (und damit Bekämpfbarkeit) bei Verbreitung von Kinderporno- und Naziseiten. Diese Argumente wurden schon an verschiedenen Stellen als fadenscheinig entlarvt.

Also, cui bono?

  • Lawful Interseption: Staftverfolgungs- und Geheimdienstorganisationen haben damit in Verbindung mit der Vorratsdatenspeicherung optimale Datenquellen gesichert.
  • Tele-Kom-Industriekomplex: Durch Unterdrückung der technisch sinnvollen und einfachen Mehrfachnutzung von Internet-Nodes können die ISP nun jedem Bürger bzw. jedem Haushalt gleich mehrere Datenkommunikationsverträge anbieten. Die Koalition dieser Firmen, siehe z.B. die Mitglieder der Branchenverbandes VATM ('Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V.'), enthält sehr viele mächtige und einflussreiche Firmen (vgl. Liste der Dax-Unternehmen).

Sie machen ihren Einfluss mit Sicherheit jederzeit geltend, wenn es um Sicherung und Vermehrung ihrer Profite aus Datenverträge kommt.

Spätestens wenn die Idee Freifunk Fahrt aufnimmt, sollte man seine Gegenspieler kennen.



Berliner Funkvernetzung

Im Sommer 2002 gab es in Berlin bereits einige verstreute WLAN-Initiativen. Mitglieder des Chaos Computer Clubs Berlin (CCCB) experimentierten mit der Technologie. Im bootlab, einer Studiogemeinschaft von Künstlern und Technikern, gab es w:lab, ein kommerzielles Unternehmen, das technische Lösungen für WLAN anbietet, aber gleichzeitig an Bürgernetz-Aspekten der Technologie interessiert ist. Die c-base wird von ihren Mitgliedern als "eine abgestürzte Raumstation unter Berlin Mitte" beschrieben, die zu rekonstruieren sie sich zur Aufgabe gemacht haben. Auch dort wurde mit WLAN experimentiert und unter dem Titel "wavelöten" wurden regelmäßige Antennenbau-Workshops organisiert. Die Initiative WLAN-Friedrichshain versuchte in diesem Berliner Bezirk, der vom OPAL-Problem betroffen ist, ein Funknetz als ADSL-Ersatz aufzubauen. Es gab einige offene Hotspots, einen davon in Alexanderplatz-Nähe, am Haus des Lehrers, doch es wußte kaum jemand von dessen Existenz. Einen koordinierten Plan für den Aufbau eines großeren, öffentlichen Netzes und eine Debatte über den Sinn und Zweck freier Netze gab es nicht. Freie Funknetze waren noch nicht am Radarschirm der Medien aufgetaucht, in denen, wenn überhaupt, allenfalls von Gratis-Hotspots die Rede war.

Im Oktober 2002 fand im bootlab der zweitägige BerLon-Workshop statt, der freie Netzwerkerinnen aus Berlin und London zusammen brachte. Aus London kamen James Stevens, Adam Burns, Saul Albert und Gio D'Angelo. Julian Priest reiste aus Kopenhagen an und brachte Freunde von Wire.less.dk mit, sowie den in Malm lebenden Spanier David Cuartielles. Die Berliner waren mit Beteiligten der oben genannten Projekte und Initiativen vertreten, darunter Jürgen Neumann, Sven Wagner, Pit Schultz, Diana McCarthy und Conny Keller. Trotz einer wackeligen finanziellen Basis und kurzfristiger Planung erschienen am ersten Tag über siebzig Teilnehmer. Außenstehenden müssen die Vorgänge während dieses sehr informell abgehaltenen Workshops recht seltsam erschienen sein. In der Mitte des länglichen Raumes war ein großer Tisch aufgebaut, auf dem eine Menge an Technik und Werkzeugen verteilt war. Die einzelnen Projekte wurden in kurzen Vorträgen vorgestellt. Zugleich begann eine Gruppe mit der recht lärmintensiven Tätigkeit des Antennenbaus. In einer Ecke des Raums hatte sich eine Gruppe zusammengesetzt, welche die Grundzüge des Pico Peering Agreements diskutierte. Der wichtigste Teil des Workshops fand jedoch währenddessen und überall zugleich statt und gehörte dem informellen Austausch zwischen den Teilnehmern.

Jürgen Neumann hatte bereits vor BerLon Kontakt zu WLAN-Friedrichshain gehabt. Er wohnt in einer Haus-Kooperative in Friedrichshain und hatte sich in den Kopf gesetzt, dieses Haus "mit einer Funkstrecke ins DSL-Gebiet ans Internet anzuschließen." Allerdings hatte er es schwierig gefunden, verbindliche Kooperationen aufzubauen. "Voller Erwartungen ging ich zum BerLon-Workshop. Bei der eher zufälligen Teilnahme an der Diskussion um das PicoPeering Agreement lernte ich Julian, James, Adam und Saul aus London kennen. Die Idee freier Funknetze hatte es mir angetan. Ich hatte selbst in der Vergangenheit an Mailboxprojekten mitgearbeitet und den "Auf- und Untergang" des Internets live miterlebt. Leute aus Spanien und Dänemark vermittelten, dass das Thema auch in anderen Ländern bereits wesentlich weiter als in Deutschland war. Auf meine Frage an James, wie man denn am besten anfangen würde, ein freies Funknetz aufzubauen, erhielt ich die Antwort: fang einfach an! Genau das habe ich dann auch getan."

Auch Sven Wagner von der c-base hatte seinen "persönlichen Aha-Effekt" während des BerLon-Workshops. "Das Konzept von Picopeering und freien Netzen hat mich begeistert, man könnte es als revolutionär bezeichnen." Am zweiten Tag des BerLon-Workshops setzte sich eine Gruppe von Berlinern zusammen, und vereinbarte, eine gemeinsame WLAN-Initiative zu starten. Sven entschloss sich, "mit dem Rückenwind von der BerLon einen Workshop in der c-base anzubieten." Bereits zwei Wochen später, am 23.10.2002, fand das erste Treffen statt. Seither trifft man sich regelmäßig jeden ersten und dritten Mittwoch des Monats. (http://b-oss.in-berlin.de/coredump/WaveLoeten) Neue Gesichter kamen hinzu und die bunt gemischte Gruppe beschloss, einen neuen Verein, den Wavelan Berlin e.V. (In Gründung) ins Leben zu rufen. Entstanden ist Wavelan Berlin zwar aus der OPAL-geschädigten Friedrichshainer Community heraus, doch man entschied sich, gleich eine Initiative für ganz Berlin zu starten. Neben dem spezifischen Bandbreitenproblem in Friedrichshain gibt es noch eine Reihe anderer Motivationen, mitzumachen. Ein Teilnehmer, Frank Steuer, resümmiert:

"Ich fand sehr interessant, dass ich in meinem Haus zunächst nie mit meinen Nachbarn zu tun hatte. Als diese Nachbarn aber entdeckten, dass ich ein WLAN betreibe, haben wir uns erst nur im Fahrstuhl darüber unterhalten. Schnell war dann auch eine Benutzerverwaltung und Authentifizierung a la Nocat aufgesetzt, und bald tauschten wir Infos, Dateien, etc. über das Netz aus, ich ließ die Nachbarn meinen Internet-Zugang nutzen, da ich eh nicht oft zu Hause war, und schließlich tranken wir auch immer öfter Bier zusammen.

Ich denke, dass gerade diese WLAN-Communities sehr interessante gesellschaftliche Effekte haben können. Ohne WLAN hätte ich so schnell z.B. auch nie Kontakt zu der c-base aufgenommen; und nie gewusst, dass hier in meiner direkten Umgebung viele nette Leute wohnen, die sich über ein Hobby finden, das man sowohl in Form von IP-Paketen als auch in Form von Antennen auf den Dächern teilen kann. Man führt definitiv auch anders durch die Stadt - ich habe noch nie so sehr auf Antennen und Dächer geachtet wie seit dem Moment, als ich auf den Dächern der Frankfurter Allee stand und dachte: da muss ein Netz her." (F.Steuer, Email an den Autor)

Bei den Waveläten-Workshops wurde eine breite Palette von Antennen gebaut und ausprobiert. "Der erste Prototyp war ein Nachbau der Milchtüten-Antenne. Diese Antenne faszinierte mich, da sie mit extrem einfachen Mitteln zu bauen ist und ziemlich gute Werte hat. Leider ist sie nicht Outdoor-tauglich. Das war meine erste Antenne und ich brachte sie bereits zur BerLon mit." (Conny Keller) Die Bauanleitung für die Milchtütenantenne stammte von der Website des belgischen Bürgernetz-Projekts Reseau Citoyen (http://reseaucitoyen.be/index.php?BoiteDeLait2) Dort finden sich auch die Maße für eine für den Außeneinsatz taugliche Hornantenne (http://reseaucitoyen.be/index.php?CornetDeCarton). Ein Lüftungsbaulehrling fertigte für c-base eine Hornantenne nach diesen Maßen an einer Abkantbank. Diese verrichtet nun gute Dienste über den Dächern Berlins.

Auf einem Dach in der Rungestraße, wo gerade die neue c-base entsteht, stehen eine Hornantenne und ein Kasten mit einem Pentium mit 75 MHz Prozessorgeschwindigkeit. Von dort geht die Verbindung weiter zum Haus von Conny Keller, das sich ebenfalls in der Rungestraße befindet. Zwei Hornantennen und zwei Pheenet Access Points verrichten dort ihre Dienste und bilden einen Link zum Haus des Lehrers. Eine Horn- und eine Helixantenne, sowie zwei weitere Pheenet APs, die in einem kleinen, wasserdichten Kasten eingebaut sind, bilden das dortige Set-up. Die Helix ist auf das Bürogebäude "Neues Deutschland" ausgerichtet, wo Frank Brande ein WLAN betreibt. Vom ND-Gebäude wird die Verbindung zum Internetprovider in Berlin-Treptow hergestellt. Tests mit einem Ping-Signal von der c-base in der Rungestraße aus zum Webserver des Heise-Verlags haben ergeben, dass die Übertragungsgeschwindigkeit in diesem über mehrere drahtlose Stationen gehenden Netz mit 30 ms absolut nicht schlecht ist. Die Berliner WLAN-Aktivitäten begannen, kritische Masse zu gewinnen. Die bisherigen Ergebnisse ermutigten die Beteiligten, ein größeres Projekt anzugehen.

Schon länger geisterte die Idee eines Berliner Kultur-Netzes durch die Köpfe verschiedener Leute. Wavelan Berlin hat nun konkret mit dem Aufbau eines BerlinBackBone (BBB) begonnen, der alle Berliner Kulturstätten mit WLAN vernetzen soll. Das Tacheles, der CCCB, das bootlab und die c-base sind bereits beteiligt. Mit Standorten in der Rungestraße, auf dem Haus des Lehrers und im Tacheles gibt es Zugang zu erhöhten Punkten, von wo aus weitere Kulturstätten erreicht werden können. Die Erwartungen und die Vorfreude sind groß: "Ich freue mich jetzt schon darüber, dass es demnächst möglich sein wird, in einem freien selbstorganisierten Netz über der Stadt mit anderen Kulturstätten in Kontakt treten zu koennen. Das ist glaube ich noch ziemlich einmalig in Deutschland. Und dann kann das Wavelan von den jeweiligen Dächern der einzelnen Kulturstätten weiter in ihrem eigenem Kiez verteilt werden...bingo!" (Sven Wagner)

Neben praktischen Schritten zur Funkvernetzung wird parallel an einer Kommunikationsplattform gearbeitet. Jürgen Neumann hatte sich schon während des BerLon-Workshops mit dem Gedanken getragen, ein mit dem Londoner Projekt Consume vergleichbares Projekt in Deutschland aufzubauen. "Vor allem sah ich die Notwendigkeit, das sehr technische Thema WLAN, dem Rest der deutschsprachigen Welt zugänglicher zu machen." Zusammen mit Kolleginnen von der freien Projektgruppe mindworxs überlegte Jürgen, was dabei die wichtigsten Aspekte wären. Eine gemeinsame Reise nach Dänemark, zum Free-Network-Treffen "Copenhagen Interpolation" im Februar 2003 half, diese Pläne zu konkretisieren. Wenige Wochen später ging freifunk.net (http://freifunk.net) online.

Freifunk.net versteht sich als Plattform für freie Funkvernetzung im gesamten deutschsprachigen Raum. Das Projekt hat sich dem Austausch von Information verschrieben und will anderen Möglichkeiten geben, sich einzubringen. Vernetzung wird vor allem als soziales Projekt betrachtet, es geht um die Bildung oder Stärkung von sozialen Gemeinschaften. Interessierte werden zur Mitarbeit auf den verschiedensten Ebenen eingeladen, organisatorisch, technisch, inhaltlich, sowie auf der Ebene konkreter täglicher Arbeit. All das erfolgt selbstverständlich auf der Basis freiwilligen, unbezahlten Engagements. Eine konzertierte Anstrengung soll dazu beitragen, dass das Potential freier Bürgernetze für das Teilen und Verteilen von Wissen und Bandbreite genutzt wird. Neben der lokalen Vernetzung sucht man auch Austausch und Zusammenarbeit mit internationalen Gruppen und Initiativen wie Informal, Consume und Wire.less.dk.

Die Website bietet ein auf einem Content Management System beruhendes Online-Magazin, ein Wiki und mehrere thematisch verteilte Mailinglisten. Damit will man dem Problem Abhilfe schaffen, dass viele Inhalte zu freien Funknetzen bisher nur in englischer Sprache zur Verfügung standen. Übersetzung von Schlüsseltexten, aber auch selbstverfasste Artikel, fundiertes Technik-Wissen, Links und ein umfangreiches Glossar runden dieses Angebot ab. Neben der Betonung von Information und Kommunikation wird auch die reale Vernetzung vorangetrieben. Zum Zeitpunkt des Schreibens ist ein großes Community-Wochenende für September in Vorbereitung, an dem möglichst viele Einzelpersonen und Initiativen teilnehmen sollen. Der BerlinBackbone soll dann erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Viele Ideen und Projekte sollen zusammenfließen, um diesen Gedanken von freien Netzen in die Welt hinauszutragen.


Weitere Projekte in Deutschland

Münster

In Münster entwickelte sich Wooms.net, ein Projekt zur freien Funkvernetzung, aus den Anfängen einer Studenten-Wohngemeinschaft. Ein kleines LAN mit drei Rechnern diente da bereits 1997 zum Tausch von Daten und für Netzwerkspiele. Mit einer SDSL-Verbindung mit 144 kbit wuchs das Netz auf 6 PCs, später mit ADSL-Flatrate auf 30 Rechner. Ende 2000 wurde dort die WLAN-Technologie entdeckt und "für ein kleines Vermögen" wurden zwei Funknetzkarten mit PCI/ISA-Adapter angeschafft. Nach ersten gelungenen Funkexperimenten entstand daraus die Idee, einen Verein zu Gründen und mit WLAN ein offenes Bürgernetz aufzubauen. Ende Oktober 2001 folgte die Gründungsversammlung für den Verein Wooms, und im Juni 2002 konnte man die Eintragung ins Vereinsregister als gemeinnütziger Verein feiern. Wooms.net verfügt zwar bislang nur über einen Zugangspunkt mit omnidirektionaler Antenne, doch die Ansätze für eine deutliche Ausweitung sind gegeben. Da sich Münster für den Titel "Europäische Kulturhauptstadt" für das Jahr 2010 bewirbt, versuchen die Initiatoren die Stadtverwaltung für den Aufbau eines stadtweiten freien Bürgernetzes auf WLAN-Basis zu gewinnen. Probleme könnte dabei der testosterone pills einzige Provider der Stadt machen, denn dieser ist ein Schwesterbetrieb der Stadtwerke, die wiederum der Stadt gehören, und hier scheint es sich noch nicht herumgesprochen zu haben, dass es zwischen Providern und Bürgernetzen durchaus sinnvolle Möglichkeiten zur Koexistenz geben kann. Der Verein hat sich der Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft verschrieben, betreibt einen Audiostreaming-Server (Icecast/Ogg Vorbis), mittels dessen jeder zum Sender werden kann, sowie einen Instant Messenger Dienst (Jabber).

Jabber http://www.jabber.org
IceCast http://www.icecast.org/
Peter Brüggemann


Kassel: wLan-ks

In Kassel befindet sich das Projekt wLan-ks im Aufbau. Auch dort hat man größere Ambitionen, als bloß einzelne Hotspots hinzusetzen. Mehrere 802.11-Netze sollen miteinander zu einem weitmaschigen drahtlosen Netz verbunden werden. aufzubauen. Das Projekt ist noch sehr neu und wurde beim Linux- und WLAN-day 2003 erstmals öffentlich vorgestellt. Derzeit existieren 6 Hotspots, von denen drei drahtlos miteinander verbunden sind. Mit-Initiator Benjamin Hagemann findet es faszinierend, "ein Netz mit Freunden aufzubauen und vom anderen Ende der Stadt über das gemeinsame Netz auf den Heimrechner zugreifen zu künnen." Die Kasseler wollen "eine eigene, gemeinsame, unabhängige Netzwerkinfrastruktur schaffen, über die man selbst ohne Telekom/BND und Co arbeiten kann."

Die Teilnehmer kommen von der Linux User Group und vom CCC Kassel. Hindernisse sahen sie bislang vor allem in unklaren Verordnungen der RegTP. Doch mit dem Beschluss auf EU-Ebene, die Lizenzpflicht abzuschaffen, ist dieser Stolperstein nun beseitigt. Eine Herausforderung wird bleiben, mehr Leute zu finden, die sich am Aufbau des Netzes beteiligen. Priorität für die nahe Zukunft ist, die Entwicklung schnell voranzutreiben, um Fakten zu schaffen. "Wenn jetzt GlobalPlayer und große Kommerzielle einsteigen und die guten Standpunkte besetzen, haben wir keine Chance mehr, da die Frequenzbereiche sehr klein sind -> wir müssen schneller sein."


http://www.wlan-ks.de/

Hannover: Wavehan

In Hannover wird seit längerem an einem freien Funknetz gearbeitet. Auch hier kommen die Teilnehmer aus CCC-nahen Kreisen, bilden aber eine unabhängige, eigene Gruppe. Mit der Website haben sie sich einige Mühe gemacht. Es finden sich dort sehr viele deutschsprachige Informationen, vor allem zum Thema Antennenbau, sowie Links zu den besten englischen Antennensites.

http://www.wavehan.org/



Freifunk Rheinland e.V.

Der Verein Freifunk Rheinland hat sich Ende 2010 gebildet und wurde im Frühjahr 2011 als Freifunk Rheinland e.V. in Düsseldorf eingetragen.

Vereins Webseite




Niederrhein: WUGN

Mitte März 2002 wurde das Projekt WaveLan Niederrhein, "ein Netzfeldversuch zum Aufbau und Ausbau eines Funknetzwerkes im Raum Krefeld, Neuss, Düsseldorf" gestartet. Das Projekt ist noch in der Planungsphase, doch mit der Wireless User Group Niederrhein (WuGN) hat sich zumindest bereits ein Interessentenkreis gefunden und es wurden ein FAQ und eine Liste von möglichen Knotenpunkten hergestellt.

http://www.doc-x.de/cgi-bin/wiki.pl?HomePage/WavelanNiederrhein


Würmtal Wireless

Auch in Bayern gibt es ein drahtloses Bürgernetz, allerdings nicht in München, sondern etwas außerhalb, im Würmtal. Das Würmtal Wireless Network hat es geschafft, ein Community Wide Area Network aufzubauen. Vier drahtlose lokale Netze sind miteinander verbunden, teilweise per Funknetz, teilweise über dedizierte VPN-Leitungen von Router zu Router. Die "mittlerweile technisch recht komplexe Struktur dieses regionalen Funknetzwerks", so Mit-Initiator Michael Strunck, wird von der Internet-Agentur S-NetworkX organisiert. Diese hat das Projekt auch vor einem Jahr ins Leben gerufen. Ob trotz der Beteiligung einer kommerziellen Internet-Agentur Würmtal Wireless mit vollem Recht als Bürgernetz gelten kann, ist eine nicht eindeutig zu beantwortende Frage. Von den Betreibern der Acces Points und Funkbrücken wird kein Geld verlangt. Wer sich allerdings mit Laptop und Funknetzkarte als reiner Client einloggen will, muss einen muss einen monatlichen Beitrag zu den Unkosten leisten. Vielleicht ist ein gemischtes Modell dieser Art gar nicht so ungeschickt. Würmtal Wireless legt viel Wert auf Support, der für alle Teilnehmer gratis angeboten wird. Das Vorhandensein von Einnahmenströmen ist wahrscheinlich nötig, um solche Extras zu gewährleisten. Weitere Annehmlichkeiten in diesem Netz sind zwei Live-Streaming-Server, sowie ein Voice-over-IP-Gateway, das von jeder angeschlossenen Station aus benutzt werden kann, um interne und externe Telefongesprüche zu führen. Die Teilnehmerinnen können auch aus dem normalen Telefonnetz angerufen werden.


http://www.wuermtal-wireless.net/


Thüringen: Stealth-Netze

Eines der ersten freien Funknetz-Projekte im deutschsprachigen Raum scheint die "Verfunknetzung Thüringens" gewesen zu sein, doch auf deren Website hat sich seit 1999 nicht mehr viel getan und Versuche, in Kontakt zu treten, blieben erfolglos. In Wien wurde CoWlan gestartet, ein ambitioniertes Projekt, das vor allem den Intranet-Aspekt der Datenwolke betonte, die man über Wien erzeugen wollte. Doch auch auf deren Website hat sich schon lange nichts mehr getan, kürzlich wurde diese sogar gehackt und wochenlang erfolgte keine Reaktion auf den Hack. Auf Kontaktversuche via E-Mail wurde nicht geantwortet. Ein ähnlicher Status ist im Falle eines Grazer Projekts gegeben.


Österreich

Wien Wireless

Das Problem in Wien scheint nicht der Mangel an Bandbreite zu sein, sondern eher das Gegenteil. Wien ist mit zwei rivalisierenden Glasfaserringen, in denen bisher noch kaum das Licht angeknippst wurde, bestens versorgt. Verschiedene Provider bieten nicht nur ADSL, sondern eine Reihe anderer, schnellerer Formen von DSL zu erschwinglichen Preisen an. Und in den inneren Stadtbezirken ist die Dichte an drahtlosen Netzen, an kommerziellen, öffentlichen und privaten, so groß, dass es Probleme mit Frequenzüberlagerungen auf den verschiedenen Kanälen im WLAN zugewiesenen Spektrum geben kann.

In diesem Kontext konnte es dazu kommen, dass ein voll ausgebautes Funknetz mit 15 Knoten auf den Dächern Wiens und einer 2 Mbit-Anbindung ans Internet mehr oder weniger brach liegt. Die ersten Bausteine für dieses Netz wurden noch in den neunziger Jahren durch ein Team des Wiener Providers Silverserver unter der Leitung von Franz Xaver errichtet. Silverserver war einer der ersten Provider, der mit drahtloser Paketvermittlungstechnik zu experimentieren begann. Die Firma hat eine Reputation für technologische Innovation, nachdem es ihr gelungen war, zusammen mit zwei weiteren Providern einen Vienna Backbone auf DSL-Basis zu errichten, lange bevor Großunternehmen DSL als kostengünstige Breitbandtechnologie entdeckt hatten. WLAN wurde vor allem als Möglichkeit getestet, mittels Punkt-zu-Punkt-Verbindungen Kabel als Teil eines Backbones zu substituieren. Nach einer längeren Phase des Probebetriebs entschied Silverserver jedoch, dass WLAN für kommerzielle Providerzwecke nicht geeignet ist.

Die ersten bestehenden Knoten wurden von einer Firma namens Funkfeuer übernommen, die hoffte, ein Geschäftsmodell aufbauen zu können. In dieser Phase erfolgte der Ausbau zum heutigen Stand mit 15 Knoten, die drahtlos mit Richtfunkverbindungen miteinander vernetzt sind und lokal jeweils als Access Points für weitere Rechner dienen. Doch auch diese Hoffnungen realisierten sich nicht. Die Misere vorausahnend, hatte Franz Xaver bereits begonnen, den Hardware-Anteil der Infrastruktur zu dezentralisieren, indem er die Bewohner jener Wohnungen, auf deren Dächern sich die Netzknoten befinden, dazu überreden konnte, die Hardware zu günstigen Preisen zu kaufen. Damit handelt es sich de facto um ein Netz, das seinen Benutzern gehürt, was eine gute Voraussetzung für ein Bürgernetz ist. Allerdings gibt es derzeit keinen Betreiber, der sich engagiert um Verwaltung, Erhaltung, Ausbau und PR kümmern würde. Das Netz steht zwar formal unter der Obhut zweier gemeinnütziger Organisationen, die im Bereich Technologie, Kunst und Sozialkompetenz arbeiten, Public Voicelab und Team Teichberg, doch letztendlich trägt Franz Xaver als Einzelperson die Last der technischen Instandhaltung. Nachdem dieser sich inzwischen wieder der Kunst als Hauptbetätigungsfeld zugewandt hat, möchte er diese Aufgabe gerne anderen übertragen. Aber scheinbar will niemand dieses Netz, welches das Potential bieten würde, an einigen der besten Standorte Wiens öffentlich zugängliche Funknetzknoten zu errichten. Alles, was es dazu laut Franz Xaver brauchen würde, sind einige Justierungen von Antennen und vielleicht die eine oder andere omnidirektionale Antenne. Somit können sich derzeit vor allem die Knoteninhaber freuen, die den Luxus eines schnellen, breitbandigen Funknetzes genießen, solange es noch funktioniert.

Funkfeuer

http://www.funkfeuer.at/

aktuelle info vom 31.mai 2004:

nachdem die wlan infrastruktur in wien tatsächlich lange brach gelegen hat, ist nun lo-res.org darangegangen dieses netz auszubauen. nachdem verbindungen nach amsterdam vorhanden waren (ascii) wird nun in wien wlan in kooperation mit ehemalig besetzten veranstaltungs(frei)räumen propagiert..

q/spot: anonymer freier Hotspot

Die Cyberrights-Organisation q/uintessenz installierte zum 100. Geburtstags George Orwells einen anonym und frei zugänglichen WLAN-Hotspot im Museumsquartier in Wien. Den Aktivisten, die gegen die Unterwanderung der digitalen Bürgerrechte durch Überwachung und Data Mining kämpfen, geht es mit ihrem WLAN-Zugangspunkt um mehr als nur darum, im öffentlichen Raum gratis Internetzugang anzubieten. Wichtig ist ihnen vor allem auch, dass dieser völlig anonym genutzt werden kann. Der Zugangsknoten erlaubt jederfrau mit Funknetzkarte eine Verbindung aufzubauen und das Internet zu nutzen, ohne dass irgendwelche Nutzerdaten aufgezeichnet werden. Normalerweise verzeichnen Rechner, die als Zugangspunkte dienen, Angaben über die Datenpakete auf, die den Knoten passieren. Verschiedenen Softwarepakete ermöglichen die Auswertung dieser Daten bis hin zu detailgenauen, individuellen Nutzerprofilen. Gesetzesänderungen auf EU-Ebene und in Mitgliedsstaaten machen das Speichern dieser sogenannten Kommunikationsdaten mittlerweile sogar zur Verpflichtung für ISPs, damit die Strafverfolgungsbehörden später gegebenenfalls darauf zugreifen können. Doch der Zugangsknoten im Museumsquartier ist so konfiguriert, dass diese Log-Dateien erst gar nicht angelegt werden. Die Aktivisten glauben eine Gesetzeslücke gefunden zu haben. Sie berufen sich bei ihrer Aktion auf die österreichische Datenschutzgesetzgebung, der zu folge Kommunikationsdaten nur soweit aufgezeichnet werden dürfen, wie sie zu Abrechnungszwecken benötigt werden. Da aber gar keine Abrechnung erfolgt, "dürfen" die Betreiber des q/spot gar keine Nutzerdaten aufzeichnen. Ob diese Gesetzeslücke tatsächlich hält, was sie verspricht, wird abzuwarten sein. Doch auch für andere Betreiber freier Funknetze, die überwachungsfreie Kommunikation betreiben wollen, handelt es sich hier um einen interessanten juristischen Trick. Die Leute von q/uintessenz vermuten, dass ihre Vorgehensweise auf Grund der Gesetzesharmonisierung in der EU europaweit angewandt werden kann. Sie sind im Begriff, eine Linux-Distribution herzustellen, mit der ein die Anonymität schützender Zugangsknoten auf jedem PC eingerichtet werden kann.

http://www.quintessenz.at

q/spot

http://www.quintessenz.org/cgi-bin/index?funktion=view&id=000100002627


Verzeichnis von kostenlosen Hotspots in Kaffeehäusern, etc. (Wien & Österreich)

Schweiz

Was bürgernetzartige WLAN-Aktivitäten in der Schweiz betrifft, so gestaltete sich die Recherche zunächst schwierig. Während es relativ einfach ist, Bürgernetzaktivisten in den verschiedensten Ländern der Welt per Internet ausfindig zu machen, fehlte nicht der Link zu Schweizer Projekten. Einer der virtuellen Erkundungs-Pfade führte in den IRC-Channel der Linux User Group Schweiz. Von freien, offenen Funknetzen in der Schweiz bis 2003 wusste man dort allerdings nichts zu berichten. Dafür erfuhr ich ein wenig über die gegebenen lokalen Bedingungen. Die Gesetzgebung, d.h. die 802.11-Netze betreffende Verordnung des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) folgt der europaweit geltenden Richtlinie der CEPT und erlaubt die lizenzfreie Nutzung des Frequenzbandes im 2,4 Gigahertztbereich unter der Bedingung, dass die Strahlunsgleistung den angegebenen Wert nicht übersteigt. Dieser liegt wie in den meisten europäischen Ländern auch bei 100 mW. Der Internetmarkt für Haushalte wird, insbesondere im Bereich Breitband via ADSL, von der Swisscom-Tochter Bluewin dominiert. Die stärkste Konkurrenz kommt von einer Fernsehkabelfirma, die jedoch auf Grund von finanziellen Problemen ihrer ausländischen Mutterfirma nicht wirklich mithalten kann. Laut Linux User Group ist nicht nur günstige Bandbreite ein Problem, es sei auch schwierig, an realtime behavioral targeting statische IP-Adressen, die für den Aufbau eigener Netze nötig sind, heranzukommen.

Luftnetz

Alle diese Dinge waren kein Hindernis für das Projekt Luftnetz (www.luftnetz.ch) Seit Mitte 2002 arbeiten Studenten der Fachrichtungen Neue Medien, Wirtschaft und Recht, aber auch Doktoranden und professionelle Informatiker an diesem Projekt. Seinen Ausgangspunkt hat es in Bern und Zürich genommen, doch das Ziel ist es, freie Funknetze überall in der Schweiz zu verbinden. Als wichtigste Ziele werden angegeben, "eine Community aufzubauen" und "Menschen mit ähnlichen Interessensgebieten zu verbinden, sich in der Gesellschaft zu engagieren und einander auszuhelfen."

Openwireless

Die neue Gruppe www.openwireless.ch hat sich als gemeinnütziger Verein konstituiert, trifft Entscheidungsfindungen demokratisch, via Abstimmung, und wächst mit einem so hohen Ausmaß an Eigendynamik, dass scheinbar niemand genaue Auskunft über die Zahl der Funknetzknoten geben kann. In Bern allein gibt es rund ein Dutzend an drahtlos verbundenen Netzen. Die Philosophie des Projekts lautet, dass alles einfacher geht, wenn man sich gegenseitig behilflich ist. Man möchte eine "optimale Nutzung der persönlichen Kern-Kompetenzen" erzielen, "indem jeder nur das macht, was er will."

Ziele

Luftnetz.ch und openwireless.ch geht es dabei nicht nur um die physische Verwirklichung von Netzen, sondern auch um die Entwicklung von Konzepten, wie sich diese in der Gesellschaft nützlich machen können. Bei einem Ideenwettbewerb für die Stadt Zürich wurde ein Konzept eingereicht, das vor allem den Aspekt des öffentlichen Raums hervorhebt. Luftnetz.ch solle Teil einer Infrastruktur sein, in der sich öffentlicher Raum und öffentlich nutzbare Netze verbinden. Museen, Bibliotheken und andere kommunale Einrichtungen sollen Stützpunkte dieses Netzes sein. Die Bürgerinnen und Bürger werden eingeladen, sich an einer vernetzten Tauschökonomie zu beteiligen. Der Aufbau des Netzes als Peer-to-Peer-Netz soll davon begleitet werden, dass alle einen Teil ihrer Festplatte zur öffentlichen Zone erklären, wo andere Dateien ablegen und herunterladen können.



Siehe auch